Freitag, 13. September 2013

Reise nach Ungarn oder: Die Sehnsucht nach James Bond

Nach scheinbar ewiger Blogabstinenz und langen Arbeitstagen komme ich endlich dazu, wieder etwas von meinem Leben zu teilen. Violetta ist derzeit zu Besuch bei ihrer Cousine. Ich fahre derweil in den Urlaub. 
Die letzten Vorbereitungen sind inzwischen getroffen. Und ...jetzt geht es los. 
Gerade eben war ich noch im Alltag unterwegs, denke ich, hab mich grade so zum Treffpunkt am Bahnhof gehetzt. Noch ein, zwei Telefonate bevor ich eine Woche offline bin. Dann zum Zug. Wir suchen unser Abteil und nach ein paar kleinen Missverständnissen sitzt jeder auf einem Platz. Ich teile mein Sechser-Abteil mit 5 Twens. Sie sprechen offensichtlich mehrere Sprachen, aber sie sind natürlich - wie fast alle Leute in dem Alter - eingestellt auf "verbalen Sparmodus". Nebenan höre ich unseren Reiseleiter Felix schon Kontakte mit seinen bulgarischen Abteilgenossen knüpfen: vier Männer, die man sich gut und gern in einem bulgarischen, dumpf beleuchteten Hinterzimmer-Casino vorstellt, mit einer Flasche Whiskey auf dem Tisch und der Zigarre im Mundwinkel. Sie fragen, ob Felix Musiker ist. "Nein, ist die Gitarre von Freundin.", gestikuliert er. 
Es ist meine Gitarre, die Gute. ... 
In der Gitarrentasche ist auch grad mein Geld und Perso drin. ... Soll ich die Sachen noch rausholen? - Was soll's, wird schon nicht geklaut. ... Ich hoffe nur, Felix weiß, dass er das gute Stück nicht aus den Augen verlieren darf. [...] - 
Felix meinte bei der Abfahrt, wir fahren ohne Zwischenhalt nach Budapest. 
Der Zug hält zum dritten Mal. 
Gerade eben in Usti nad Labem. Da war ich schon mal. Ich denke gern an die Freude der Leute, als wir Deutschen dort tschechisch gesungen haben. Hoffentlich lerne ich auch ein ungarisches Lied. [...]
Wenn ich ehrlich sein soll, wünsche ich mich grade in das Schlafabteil. Es sah mir mit seinen zwei Kojen echt bequemer aus, deutlich ansprechender als die Vorstellung, 12 Stunden Knie an Knie mit einem langbeinigen Twen, dem Gedanken zu fröhnen, wie es wäre, Schlaf zu finden. 
Das Pärchen zu meiner Rechten zeigt mir, dass man die Sitze zum Schlafen klappen kann. Ich glaube, das Reisen im 6er-Sitzabteil ist nur bequemer, wenn sich alle kennen. Ist so meine Theorie, während ich wieder mal den langen Beinen nebst zugehörigem Rucksack mir gegenüber Platz mache. Ich befürchte, 10 Stunden werden in diesem Abteil eine lange Zeit für mich. Vielleicht kann ich ja trotz Krampfhaltung ein wenig Schlaf erwischen? Aber im Moment ziehen meine Gedanken noch Kreise. [...]
Was wäre, wenn in dem Zug auf einmal James Bond auftauchen würde? Live-Actionfilm zur Überbrückung der Schlaflosigkeit. Cool wäre das, find' ich. ... Dann würde der tschechische Bahnservive vielleicht auch dran gehindert werden, um 01:38 Uhr, wenn man gerade eingenickt ist, Kaffee anzubieten! Ich hab' Sehnsucht nach James Bond!!!
Das Pärchen hustet gemeinsam. Sind die schon so lange zusammen, dass sie alles zusammen machen? Oder es ist eine Epidemie, initiiert von Terroristen, ausgelöst in MEINEM Abteil!  ... James Bond, wo bist du?!!! ... 
Wie lange würde eigentlich der Sauerstoff in dem Abteil ausreichen, wenn alle sechs Mitglieder gleichzeitig permanent Gase von sich geben (= pubsen)? ... Eine Frage, über die ich nun mehrere Stunden Zeit habe, nachzudenken. Ich glaube, der Sauerstoff ist schon ganz schön reduziert. 
Es bleibt abzuwarten, ob ich diese Nacht überlebe.